Nacherzählung in eigenen Worten
Du musst dir das so vorstellen, hat G. zu mir gesagt, dass du am Treppenabsatz stehst und weißt, dass du diese Stiegen schon hunderttausend Mal hinunter gegangen bist, aber jetzt liegen sie vor dir, als ob du sie noch nie gesehen hättest. Du weißt, dass sie hinunter führen, du weiß, dass unten die Straße ist, aber wie das Stiegensteigen geht, hast du vollkommen vergessen. Du erfindest also das Stiegensteigen, wie du zuvor schon das Aufstehen, Anziehen, Kaffeemaschine in Gang Setzen, Waschen, usw. erfunden hast, und sagst dir vor: Halt dich am Handlauf fest und setz Schritt für Schritt, langsam und Stufe um Stufe. Im Ohr hast du das Geräusch eines brechenden Knochens, das du ignorierst, damit du heil hinunter kommst. Du musst dein Gedankengewicht in die Hand am Handlauf und in den Fuß legen, der sicher auf einer Stufe steht, damit du nicht mitten im Stiegensteigen vergisst, dass du gerade Stiegen steigst. Du hast dir das Hinuntersteigen ja nur erfunden, damit du die zwei Stockwerke hinunter kommst, Hand und Beine, auch sie ohne jede Erinnerung, sind ja auf deine Erfindungen angewiesen. Du musst also aufpassen, dass sie dir nicht davon hampeln, irgendwelchen unbedachten Ideen hinterher, und am Schluss liegst du unten mit gebrochenen Knochen. Soviel dazu, hat G. gesagt und dann hat sie gelacht, als ob sie mich zu ihrer Komplizin gemacht hätte.
(Thema: Portrait)
(Thema: Portrait)
ahg - 29. Mär, 07:19