Mittwoch, 15. Februar 2006

Luftgitter

DSCN1093

(Thema: Bilderbuch)

Indubiosität, ein Anschlussverfahren

Dass der Umgestülpte jämmerlich stank, wurde allgemein ignoriert, schließlich war er ein armer Teufel und kein Drecksack, allerdings musste er deshalb (er stank wirklich grauenhaft!) als Ganzer ignoriert werden. Also weggerückt, Augen zu, Nase zu, aus der Ferne mitgelitten und auf den Ausgang des Verfahrens konzentriert. Nur die Mediziner, die sich massenweise eingefunden hatten, schielten immer wieder auf den Umgestülpten, wobei nicht einmal ein Anflug von Ekel in ihren Gesichtern stand. Sie rutschten vielmehr näher und näher an ihn heran (heimlich, denn dieses Gewetze schickte sich nun wirklich nicht!), weil sie wussten: wäre er erst eingetrocknet, würden sie komplizierte Verfahren anwenden müssen, um die Krusten ohne gröbere Verletzungen herunter zu kriegen. Und wann gab es schon Gelegenheit, an der offenen Lunge und am offenen Magen zu studieren? Nicht zu vergessen das offene Herz und das offene Hirn und das alles am Präsentierteller und das dann auch noch aufs untersuchungsfreundlichste aufgedehnt! Nur das mit der Körpertemperatur, den Verdunstungsverlusten und der Feinstaubbelastung würde man in den Griff bekommen müssen. Ja. Da standen nicht wenige Grübelfalten auf den Medizinerstirnen! Während die Mediziner also abwechselnd wetzten und grübelten und alle anderen auf die Geschworenen schauten (große Spannung allenthalben), öffnete einer der Mediziner – ein ganz ein Flotter, er hatte den Platz direkt hinter dem Umgestülpten als Erster erreicht – sein medizinisches Nottäschchen (lautlos), zog einen Spezialsack heraus (lautlos) und warf ihn über den Umgestülpten (lautlos). Und ehe es sich die anderen versahen, steckte der Umgestülpte auch schon im Sack, lag der Sack auch schon auf den Schultern des Mediziners und wurde er auch schon aus dem Saal getragen. Nur eine Lache aus Exkrementen und Blut und der Gestank blieben zurück, und es kann gut sein, dass die Mischung aus Entsetzen (Das Opfer ist verschwunden!) und extremer Beanspruchung des Geruchsnegationszentrums zu allgemeiner Ohnmacht führte, dass es also zu keinem Schiedsspruch kam, sondern zu einer Massenohnmacht, was die überrumpelten Mediziner nun endlich in die Gänge brachte: flott – flotter – am flottesten wuselten sie nun zwischen den Zu-Boden-Gegangenen herum, angetan mit weißer Medizinerhose, weißem Medizinermäntelchen, chromblitzendem Stethoskop und (man glaubt es kaum): Schwesternhäubchen. Letzteres wird uns noch zu beschäftigen haben.

(Thema: Wir erfinden neue Gattungen)

Archiv

Februar 2006
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
18
 
 
 
 
 
 

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Off topic: Archivierungswunsch,...
Zweiter und - versprochen - letzter Versuch: Das Deutsche...
Jochen Walter - 26. Feb, 12:55
Link?
Andrea, und wie finde ich dich auf Facebook? Schreib...
baerliner - 30. Dez, 15:58
Facebook
Nun ists geschafft! Infos, Fotos, Neuigkeiten und...
ahg - 30. Dez, 09:02
moinmoin, ihr!
... eh klar - ich hab schon wieder einen kuddlmuddl...
ahg - 25. Dez, 10:14
Andrea
ich bin seit einiger Zeit bei facebook registriert,...
baerliner - 25. Dez, 09:56

Suche

 

Status

Online seit 6713 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Feb, 12:55

Credits