Dienstag, 7. Februar 2006

Scheitern

… ein Gescheiterter ist er also, der Text, und gesenkten Hauptes trottet er von hinnen – nein, jetzt hat er kein Haupt mehr, er hat jetzt einen hundsordinären Kopf, den er auf seine rachitische Brust hinunter drückt, aber vermutlich kann er nicht einmal mehr trotten. Ist er nämlich wirklich voll und ganz gescheitert, dann hat’s ihn ja (beim Scheitern, beim Auflaufen, beim Auf- oder Zusammenprall) ganz ordentlich zu Boden gerissen und da wird dann schon Einiges zumindest angeknackst worden sein. Zum Beispiel sein Wadenbein, wahrscheinlich aber auch noch das Jochbein oder die Elle. Der Gescheiterte humpelt also wegen der Schmerzen ziemlich verspannt von hinnen nach Nirgendwo und der Leser ruft ihm hinterher: „Schau dass’s weida kummst, du Hatschata!“ Der Leser ist nämlich sauer, weil schließlich auch er Schaden genommen hat:
Der Text ist ihm nämlich nicht und nicht zur Wohnungstür gekommen, obwohl der Leser so ein schönes Willkommenskränzchen zwischen Spion und Briefschlitz gehängt hat, und da ist er sich dann schön langsam halt blöd vorgekommen („Wie bestellt und nicht abgeholt!“) und so ist er dem Text dann entgegen gelaufen und dabei hat er ihm doch unübersehbar zugewinkt, erst mit der Hand, dann sogar noch mit seinem feuerroten Lesezeichen. „Huhu! Da bin ich!!!“, hat er gerufen, aber der Text hat den wachelnden und rufenden Leser einfach nicht bemerkt, ein Umstand, den der Leser nun seinerseits nicht bemerkt hat, und so hat er nicht rechtzeitig abbremsen können: „Rumms“, sind sie zusammengestoßen. „Wie ham’as denn? Bist blind oder derrisch oder wos?“, hat der Leser den Text angeschnauzt, als er sich wieder erfangen gehabt hat. Der Text hat geschwiegen, was den Leser noch mehr aufgebracht hat. Es kann leicht sein, dass er ihm heimlich einen Fußtritt verpasst hat, das würde zumindest erklären, warum der Text trotz seiner Blessuren gar so schnell wieder auf den Beinen war und auch sofort gewusst hat, welche Richtung er jetzt einschlagen muss.
Der Leser hat eine kleine Beule auf der Stirn, die ihn jedoch weniger stört als der Umstand, dass ihm das Lesezeichen verdrückt worden ist. Er wird es schön glatt bügeln und dann nie wieder aus der Aktentasche hervorholen, beschließt er, schon gar nicht, um so einer schwindligen Hendlbrust Heim zu winken. „Zu Hause, das bin ich!“, ruft er dem bereits in der Ferne verschwindenden Text trotzdem noch ins Kreuz hinein, aber der zuckt nicht einmal mit einem Eselsohr.

(Thema: Was einem so einfallen kann)

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