Mittwoch, 17. Januar 2007

Fotografieren verboten

Hermann Halbwachs hat einen Hang zum Parkett, hat genau genommen den Hang zum Glanz des Parketts, in dem er sich verdoppelt und bei gutem Licht sogar verdrei- und vervierfacht, weswegen er vor den großen Fenstern herumtänzelt wie weiland Sisi, unsere Kaiserin, mit der ihn aber nichts verbindet. Ganz und gar nichts, sagt er, nur das Parkett und das sei eine zufällige und nichtsdestotrotz Notwendigkeit, schließlich müsse er ausreichend gesehen werden, sonst könne er sich seine ganze Schönheit in die Haare schmieren. Ich halte ihm mein Mikrofon unter die Füße, weil ich mich an seinem TrippTrapp nicht satt hören kann. Ich brauche sein TrippTrapp für die stillen Stunden. Für die ganz stillen Stunden. Aber geh, der Hermann Halbwachs ist doch nur ein Schmierenkomödiant, sagt Fritzi, seine ehemalige Geliebte, die es jetzt mit dem Requisitenmeister treibt. Das bringt mehr ein, sagt sie, und jünger werden wir doch alle nicht, sagt sie und zwinkert mir zu, als ob wir uns in einem drittklassigen Film befänden. Das tun wir eh, sagt Hermann Halbwachs mit seinerseits boshaftem Blick auf Fritzi, die immer schon zum Film wollte. Leck mich doch am Arsch, du Kasperl, kontert sie, aber Hermann Halbwachs tänzelt bereits wieder vor einem Fenster herum, ein paar Touristen beobachten ihn und seine Parkettspiegelbilder wie gebannt, weswegen ihm der Zwischenbodenkamm schwillt. Schöner Schwanz, sagt eine Touristin aus Bochum, der Mann neben ihr schaut auf den Boden und reibt sich verlegen am Ohrläppchen. Fritzi schürzt ihre Hofdamenröcke, der Mann aus Bochum reibt sich fast das Ohrläppchen ab. Ich halte ihm mein Mikrofon ans Ohr. Die Frau aus Bochum findet das Ohrläppchengeräusch des Mannes aus Bochum sehr erotisch, sagt sie zumindest. Ich glaube ihr nicht, aber das spielt keine Rolle. Hermann Halbwachs muss mal schnell aufs Klo, man möge ihn entschuldigen, Fritzi hat ihn eh schon lang entschuldigt, aber das hat er dann ja noch weniger wollen, sagt sie und ist wieder einmal froh um ihren Requisiteur, der ihr keine so depperten Nummern spielt. An die Fensterflügel gelehnt steht Sisi und steckt sich Blumen ins Haar. Hermann Halbwachs sieht sie, sowie er vom Klo zurückkommt. So ein Saukerl, ruft er und meint den Requisiteur, der Sisi aus der Mottenkiste geholt haben musste. Die Frau aus Bochum ist schon im nächsten Zimmer, der Mann reibt noch immer an seinem Ohrläppchen, in irgendeine sehr, sehr ferne Erinnerung versunken. Gehen Sie doch bitte weiter, mahnt ihn eine Personalstimme. Hermann Halbwachs richtet sich die Kniestrümpfe und zeigt der Sisi an den Fensterflügeln seinen Arsch. Hinter der Personalstimme drängt ein Pulk Japaner und Japanerinnen ins Zimmer, Fritzi legt ihr schönstes Lächeln auf, ich sage: Fotografieren verboten. Hermann Halbwachs streicht sich durchs schmierige Haar: Spielverderberin, sagt er. Wo er Recht hat, hat er Recht, sagt Fritzi. Sisi hat sich aufs Fensterbrett gesetzt und wippt mit dem Fuß, dass der Boden nur so vibriert. Sie weiß, dass mich das ganz verrückt macht. Ich drehe ihnen nach der Reihe den Hals um. Nur den Mann aus Bochum hebe ich mir auf.

Freitag, 12. Januar 2007

Weil ich dagegen

Du ziehst ein Foto aus einer der Mappen, die deinen Schreibtisch bedecken wie Herbstlaub, und sagst triumphierend: Ich habe sie gleich nach der Prämierung fotografiert!
Ich gebe Mimi einen kollegialen Fußtritt, Mimi missversteht ihn und jault auf. Dir ist das egal, weil du mit Mimi böse bist (Ich bin böse mit Mimi!). Mimi hat sich nämlich das Ordensband heruntergerissen, der Orden muss irgendwo da draußen verloren gegangen sein.
Du hältst mir das Foto so nahe ans Gesicht, dass ich nichts erkennen kann.
Ich bin doch nicht blind, sage ich, aber schon pickt das Foto praktisch auf meiner Nase.
Wahrscheinlich ist es eh nur eine Montage, sage ich, um dich zu ärgern, und du ärgerst dich. War doch nur ein Witz, sage ich. Sage ich begütigend.
Ich bin gern begütigend. Und ich kann das auch gut: das Begütigend-Sein. Ich habe schon zehn Weltkriege verhindert mit meiner Begütigung. Und drei Erdölkrisen und neunundneunzig Terroranschläge.
Du kriegst gleich einen Blutrausch. Wegen mir, wegen dir, wegen deiner Missgunst. Weil du es nicht aushalten kannst, dass du nur einen blöden Hund hast und bestenfalls eine Fotomontage von einem Hundewettbewerb. Einem Mischlingswettbewerb, um das ganz deutlich zu sagen. Und weil ich dagegen mich habe.
Mimi kläfft die Glastür zum Garten an.
Die versteht jedes Wort, sagst du eisig.
Ist ja gut, sage ich. Lass deinen Köter lieber raus, sonst scheißt er dir in dein Arbeitszimmer.
In welcher Mappe sind denn nun meine Fotos?, frage ich, extrem müde, extrem schleppend, extrem angeödet, damit du dich endlich auskennst.
Sind noch nicht fertig, sagst du. Stecken alle noch da drin, sagst du und zeigst auf den Bildschirm.
Schon mal was von Abgabefrist gehört?, sage ich begütigend. Und von Pönale?, sage ich noch begütigender.
Du hast die Mappen beiseite geschoben und spielst auf der Tastatur herum.
Mimi springt durch den Garten und bellt einem Vogel hinterher.
In ihrem früheren Leben muss sie eine Katze gewesen sein, sage ich.
Du lässt von der Tastatur ab und lächelst mich an, tonnenschwer erleichtert.
Bis morgen dann, sage ich zu dir.
Morgen dann aber wirklich, rufe ich Mimi zu, als ich die Gartentür hinter mir geschlossen habe. Spaßhalber drohe ich ihr mit der Faust.

Sonntag, 7. Januar 2007

Call me Lil

Ma chére Schatzi, hab ich meiner Freundin geschrieben, stell dir vor, jetzt muss ich auch noch Englisch lernen! Und dann werd ich wohl auch schwarzes Klamott brauchen. Die Literaten: schwarz (schwarze Hose, schwarzer Pullover, strenge Silhouette), die bildenden Künstler: bunt (bunte Röcke, von denen der Saum runterhängt, Oberteile mit freier Fläche über der Brust: für die großen Ketten - Naturfarben oder grellstes Plastikbunt). Du hast ja Recht, wie immer: Literat ist leichter (Call mi: Lil). Und Nähmaschine brauche ich auch keine. Die beiläufigen Blicke muss ich noch üben und am wichtigsten: wie der Tiger aus ihnen herausspringt im rechten Moment. Oder in irgendeinem Moment, der dann der rechte ist, weil der Tiger herausgesprungen ist. Hättest du einen Tiger für mich? Ob auch ein Panther geht? So durch die Kunstringe gesprungen, würde er doch mehr hermachen als das Essoviech. Blöd nur die Rilkesache. Weil so leicht, wie du tust, ist es mit der Lil auch wieder nicht. Welche Katz auch immer, schickst mir auch einen Cave für sie? Weil Musik ist auch wichtig. Und schick mir ein paar unauffällige Wörter. Please. Als Bassin.

Freitag, 5. Januar 2007

Krebsscherenmoment

Im Krebsscherenmoment fallen die Arme auseinander, sagt die Sterndeuterin. Dann weißt du: Jetzt ist der Krebsscherenmoment, in dem ...
In dem ?, fragt Kellermann.
Die Sterndeuterin schweigt. Sie tritt von einem Bein aufs andere, es ist kalt.
In dem?
Die Sterndeuterin reagiert nicht.
Auch Kellermanns Freundin tut, als ob Kellermann sie nichts anginge. Schließlich war diese Sterndeuterinnennummer nicht ihre Idee. Wahrlich nicht! Sie betrachtet ihre neuen Gummistiefel: pelzgefüttert. Ein guter Kauf.
Kellermann wird wütend, er fuchtelt mit den Händen herum und beschimpft die Sterndeuterin: Du alte Vettel, du bist mir mitsamt deinem Krebsscherenmoment scheißegal.
Immer wieder deutet er in den Himmel: Da! Sag was! Sag mir was über mich und die Scheißsterne.
Die Sterndeuterin bewegt sich jetzt nicht mehr, aber ihre Augen funkeln. Vor Wut oder weil sie ein Stern geworden ist.
Kellermanns Freundin wird argwöhnisch und Kellermann macht Bocksbeine, bis er einen Krampf kriegt.
Schuld ist diese Sterndeuterin, sagt Kellermanns Freundin zu den Sanitätern, die hinter den Bäumen gewartet haben. Wie ein Kometenschweif hängt ihr Satz in der Luft.
Schuld ist der Krebsscherenmoment, sagen die Sanitäter. Hastig hingeworfene Erklärungen folgen, die Sterndeuterin steht immer noch stumm und starr auf der Wiese, der nächtlichen, die Augen blitzen und die Arme hängen an ihren Schultern, als ob sie sich jeden Moment verflüchtigen könnten.
Damit Kellermann auf die Trage passt und vernünftig getragen werden kann, werden ihm die Bocksbeine auf Liegeposition herunter gebrochen. Er heult auf. So ein armer Hund, sagt ein Sanitäter.
Schuld ist die Sterndeuterin, wiederholt Kellermanns Freundin. Die Sanitäter interessiert das jetzt überhaupt nicht, auf eins, zwei, drei heben sie die Trage hoch. Kellermann sieht Sterne. Seine Arme rutschen von der schmalen Liege. Sie streifen an der Sterndeuterin. Plötzlich heben sich die Arme der Frau. Die Freundin von Kellermann kriegt sofort einen Eifersuchtsanfall, der aus ihren Augen bösartige schwarze Knöpfe macht.
Kellermann zieht den Kopf ein, die Arme der Sterndeuterin bleiben auf halbem Weg nach oben (in den Himmel!) stehen. Sie kreuzt ihre Finger, als sie sagt: Reg dich nicht auf, Marie.
Kellermanns Kopf kommt wieder hervor und der Krampf verschwindet, die Sanitäter stehen samt Trage unschlüssig auf der morastigen Wiese herum. Die Augen von Kellermanns Freundin knöpfen sich in die Knopfleiste von Kellermanns Jeans, ein Sanitäter wühlt aus seiner Sanitäterjacke den Mond hervor und klebt ihn an eine Esche.
Das ist eine Frage der Professionalität, sagt er zu einem anderen Sanitäter, aus dem nie etwas werden wird, weil er nicht flexibel genug ist.
Das ist kein Krebsscherenmoment, sagt die Freundin von Kellermann, bevor sie in Kellermanns Levis verschwindet.
Der Sanitäter steckt den Mond wieder ein, wie eine Prozession verlassen sie – auf der Trage Kellermann inklusive Freundin – die Wiese. Die Sterndeuterin bleibt zurück. Wie eine Statue mit glitzernden Augen steht sie da. Die Arme so fest am Körper, dass es aus der Ferne so aussieht, als ob sie gar keine hätte.

Mittwoch, 3. Januar 2007

Wie Gringo blüht der Löwenzahn

Wir reden hier über Gringos Gablonzer Gebinde, keine Doppler, aber zwei Liter Gringo müssen trotzdem hinein. Zurecht geschliffen (Glänzen soll’s schon! Auch Gringo hat seinen Ehrgeiz!), reden wir schildplatt: Die Welt, wir reden hier über die Welt. Platetten, Paletten, Ballett. O Maria! O Marias Beine! O Maria mit dem kurzen Rock! Gringo zieht am Halfter. So zerbrechlich (Oberstimme). So Soundso (Unterstimme). Gringo kommt endlich nach Marienthal und flucht. Maria zeigt ihm die kalte Schulter: Tot ist sie. Zuerst tot, dann erst nackt. Verdammt: Das hat Gringo nicht gewollt. Er spült sich’s hinunter, weil ausschwitzen kann er es nicht. Sagt er und schwitzt wie einer, der ein schlechtes Gewissen hat. Doppelpack statt Doppelliter, das ist Gringos Gablonzer Gebinde. Alles super, sagt er, wenn nur der Halfter nicht so einschnüren würde, sagt er und zieht den Bauch ein, dass er Sprünge bekommt: Glück und Glas, wie leicht bricht das. Aufstellung zum letzten Gruppenfoto, Maria leuchtet weiß, Gringo hat ein Problem (auch der Akustiker hat ein Problem, gibt es aber nicht zu, weil er Probleme-Haben hasst). Maria nässt unter, der Fotograf sucht nach einem Blitz, Marias Gablonzer Ohrgehänge fehlt: Sie muss wie eine Löwin gekämpft haben, ein Löwenzahn blüht auf. Ziemlich gelb. Der Fotograf gibt Gringo die Schuld, Gringo schwitzt und schwitzt. Maria läuft aus. Bald passt Gringo in einen Doppler und Maria (Die war eh immer schon ein Gerippe!) wird noch weißer: schwimmt auf Asphalt. Wenn das überhaupt geht, wendet jemand ein. Es muss der Fotograf gewesen sein, denn sonst ist niemand da. Außer dem Löwenzahn und der spricht nicht mehr, der blüht wie ein Besessener. Wie Gringo blüht der Löwenzahn. Hauptsache kein Kommissar. Die saufen doch eh alle selbst. Denen fehlt der Abstand. A b s t a n d, sagt der Fotograf und geht noch einen Schritt zurück. Wegen der Totale, sagt er, bevor er schießt. Maria splittert (weißes Granat), Gringo. Wir reden hier aber übers Leben, sagt Gringo auf Gablonzerisch. Ist aber nur noch ein Echo: Vom dicken Ende des Dopplers in den hohlen Bauch gestoßen.

Freitag, 29. Dezember 2006

Der Kaiser schickt Soldaten aus

Das Dach vom Schuppen hat sich den Schnee in einem einzigen Fieberschauer heruntergeschwitzt, die Schweißtropfen schlagen in die Dachrinne. In der Ferne jault eine Motorsäge auf. La Passionata steht vor der Haustür und raucht eine Zigarette, später dann noch eine. In Wirklichkeit gibt es natürlich schon lang keine Zigaretten mehr, nicht im Fernsehen und nicht in den Büchern, aber bei La Passionata und im Dorfwirtshaus gibt es sie noch. Das regelmäßig wiederkehrende Kratzgeräusch muss von La Passionatas Augen kommen, die so trocken sind, dass sie jeden Lidschlag spürt. Sie geht ins Haus und löst eine Aspirin-C-Tablette auf. Eine Erkältung, ein grippaler Infekt, eine Grippe, Geronimo telefoniert. „Schau’n wir mal, was wir da machen können“, sagt munter der Herr Doktor. Er hat nicht einmal seinen Mantel ausgezogen. Warum die Doktoren immer so eine deutliche Laune haben müssen, fragt sich La Passionata, während der Doktor in ihren Mund schaut (wo ihr doch die Augen ausgetrocknet sind!). Entweder deutlich munter oder deutlich grantig, deutlich gelaunt aber auf jeden Fall. La Passionata schaut undefinierbar vor sich hin. Draußen wird es derweilen dunkel und frostig, La Passionata schließt die Augen. „Das Dach vom Schuppen wird morgen wieder weiß sein, vielleicht werden sogar Eiszapfen von der Dachrinne herunterhängen“, sagt sie zu Geronimo und hört erneut das Aufbrausen von Aspirin-C und das Klacken des Doktorköfferchens. „Meine Augen sind geschlossen, aber nicht, weil ich tot bin, sondern weil ich sie mir nicht zerkratzen will.“ Das sagt La Passionata laut, als sie die Hand in die Richtung des Herrn Doktor streckt. Er knüllt ihr ein Rezept in den Handteller. Heiß und trocken bleibt es an ihr kleben, als er endlich geht. Ein kalter Luftzug, dann ist er weg. La Passionata wischt das Papier in die Hose und tastet sich in die Küche zur Aspirin-C-Brause. Sie leert das Glas in einem Zug, sie lässt sich auf einen Küchenstuhl fallen, sie legt die Hände in ihrem Schoß zusammen, als ob sie in einem jener gestickten Bilder säße, wie sie ihre Großmutter an der Wand hängen hatte. Geronimo kocht Wasser für einen Himmelschlüsseltee. La Passionata lässt die Hände im Schoß liegen, bis sie wieder vor die Haustür geht, um eine Zigarette zu rauchen. Da ist es schon so dunkel, dass sie auch mit offenen Augen nichts sehen könnte. „Der Kaiser schickt Soldaten aus“, sagt sie halblaut vor sich hin, als sie das vertraute Geräusch des Dieselmotors hört.

Dienstag, 19. Dezember 2006

Bei Tisch

Dein florales Muster im Anschlag, dein Küchenkrepp und deine Dekoration aus Naturmaterialien:

Hier ist der Ort, sagst du, und ich sage: Hier ist kein Ort.

Du erzählst von erschossenen Herzen und Kindern, von hinten am Hals gepackt und durch die Wohnung geschleift, ich sage: Das ist alles nicht wahr. Du sagst: Du hast ja keine Ahnung, ich lächle, als ob ich keine Gewissheit hätte.

Hier ist kein Ort, sage ich, hier sind keine Herzen und keine Kinder und erschossen wird nicht ein einziges Herz, wenn es keinen Ort gibt.

Du sagst: Leck mich am Arsch, ich sage: So reden nur Strandläufer, die bis zum Hals in Scheiße stecken. Mein Lächeln ist wissend, aber du siehst es nicht.

Grins nicht so blöd, sagst du, ich sage: wenn es keinen Ort gibt, gibt es nichts zu sehen. Kein Ort, kein Grinsen. Das ist Physik. Sage ich und klopfe auf den Tisch.

Du erzählst von Tischläufern, du sagst: Ich höre, wie du auf den Tisch klopfst, glaubst du, mich schreckt das? Du erzählst von Tischläufern mit Holzbeinen und dem nervenden Geklopfe ihrer Holzbeine auf der Tischplatte. Du sprichst von der Notwendigkeit textiler Irgendwasse. Das Klopfen ist zu laut, ich hacke die Holzbeine ab.

Jetzt ist Ruhe im Karton, sage ich. Karton ist nicht, sagst du.

Schuhe, Schuhe wie von Puppen, sagst du, ich sage Schuhe und wenn ich Schuhe ohne was sage, meine ich auch Schuhe ohne was, Schuhe liegen am Tisch, verstreut. Du nimmst einen Bratenspieß – erinnerst du dich noch? – und stocherst in einem herum, hebst ihn hoch.

Wer weiß, wer da einmal dringesteckt ist, sage ich, du nickst und hältst dir den aufgespießten Schuh an die Nase. Der ist neu, sagst du. Ich sage: Der ist nicht neu, den gibt es gar nicht. Eine Handbewegung und der Schuh fällt auf den Tischläufer, ein dumpfes Geräusch, als ob jemand umgefallen wäre, du zielst auf mich. Ich sage: Den Bratenspieß gibt es nicht, denn hier ist kein Ort.

Du steckst Moos und Rinde und verfärbte Blätter auf den Spieß.

Friss das, sagst du, weil du mein Herzblatt bist, ich sage: Wo sind die Blumen und wo ist die Rotweinkaraffe, und du sagst: Von hinten erwürgt, von vorne ersäuft. Ich sage: Hier ist kein Ort.

Dienstag, 12. Dezember 2006

Kurz nach Zwölf, in Hinterstoder

Es war kurz nach Zwölf, in Hinterstoder stand ein Topf am Herd und keiner in der Nähe, kein Mann, keine Frau weit und breit, waren alle draußen auf der grünen Wiese, ihr Grün zu bestaunen und das große Zenter (so sagt man), während am Herd die Suppe, sie kochte und kochte und verdampfte und verdampfte, bis ganz Hinterstoder im Dunst verschwunden war und sich der Topfboden vor Hitze gekrümmt hat, hat die Frau Bürgermeisterin die Schneekanonen aufstellen lassen und Luft durchblasen, bis dass ein großer Wind über Hinterstoder gegangen ist, ist der Dunst ein paar Kilometer weiter heruntergefallen, ist denen in Vorderstoder die Suppen vom Himmel gefallen und den Herrn haben sie gepriesen statt der Frau Bürgermeisterin, aber die hat’s eh nicht gehört unterm Kochtopf, den sie sich auf den Kopf gesetzt hat, weil er doch eh schon ausgeschaut hat wie ein Helm, und drum haben die Hinterstoderer ihre Frau Bürgermeisterin auch so gern: weil sie so praktisch ist.

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