Dienstag, 17. Januar 2006

Linktipp

MUNDART DER ÖSTERREICHER
oder Kern ächt österreichischer Phrasen und Redensarten
Von A bis Z.
Joseph Sonnleitner, Wien 1811

http://www.sagen.at/doku/lexika/mundart1811/mundart1811.html

(Thema: Österreichisches Wörtermuseum)

Montag, 16. Januar 2006

Ein Gartentraum, ein Gartentraum // Du glaubst es kaum

Als ich mich nach der Hand umdrehte – ich hatte sie im Garten stehen lassen, ich würde sie am nächsten Tag ja ohnehin wieder brauchen – , winkte sie mir zu, ganz zart, wie es sonst nur die Wiesenglockenblumen tun. Ich fand das so lyrisch, dass ich mich, kaum im Haus angekommen, sofort zum Fenster begab. Sie winkte noch immer, aber sie kam mir jetzt unschlüssig vor und ihr Winken wurde immer zerfahrener, als ob sie nicht recht wüsste, was sie nun anfangen sollte. Dann schien sie den Kopf zu suchen, um ihn zu kratzen (und hol’s der Teufel, just in dem Moment juckte der meine), fand ihn aber nicht. Schließlich fiel sie herab, fiel sie auf den Boden, und als ob ihr das neue Kraft gegeben hätte, spielte sie nun aufs Lieblichste in der Erde herum. Ja, das sah wirklich wunderschön aus, wie ihr die dunklen Krumen über den Handteller glitten und durch die Finger rannen, und praktisch war es auch, denn es ersparte mir das Umstechen, so dachte zu ich zumindest. Aber als ich bemerkte, wie die Hand langsam-langsam Pflänzchen um Pflänzchen aus der Erde herausbeförderte (so mühsam hatte ich sie eben erst eingesetzt!), fand ich das Ganze weniger schön und noch weniger praktisch. Hopp-hopp in die Gummistiefel und raus in den Garten, doch als ich am Beet stand, war sie nicht mehr da. Zahllose Flüche ausstoßend zog ich einen Zaun und machte ich mich daran, meine Pflänzchen wieder einzusetzen. So oft ich mich dabei auch umsah, die Hand blieb verschwunden.

(Thema: Was einem so einfallen kann)

Sonntag, 15. Januar 2006

Robinienstamm, ehemals Vogelwohnstatt

Robinie-ehemals-Vogelwohnstatt

Gestern ...

... die umgefallenen Bäume endverarbeitet, das Astwerk der Wipfel von den kleinen Ästen („Die Nester“ nennt man das hier im Waldviertel), die kleinen Äste von den größeren gebrochen/geschnitten, das Skelett für die Motorsäge liegen gelassen, Haufen gemacht und mir wie ein Fleischhauer vorgekommen, der fein säuberlich ein paar Rinderviertel zerlegt. Mich hinterher an viel früher erinnert, als ich ein Kind war und genauso einsinken konnte: einsinken in eine Handlung (nicht die Welt ringsum versinkt, sondern ich versinke), „traumverloren“ sagt Frau Kitsch von nebenan dazu, sie lügt (wie immer).

(Thema: Tagebuch)

Samstag, 14. Januar 2006

Kurze Erzählung im Retrofutur

Während die Rechtschaffenen, bereits leicht angedorrt, im Schneidersitz vor ihren Waagen sitzen und bedächtig ihre Waagschalen füllen, wird hinter ihren Rücken gevögelt, geprügelt, geliebt und gehasst, wird verfolgt und gemordet, werden Briefe mit Hitlergruß verschickt, wird der Boden, auf dem sie sitzen, nicht auf eine Waagschale passen und wird sie deshalb („Wir sind rechtschaffen!“) auch nichts angehen, wird ihnen der Boden eines Tages einfach weggezogen werden. Der Eine oder der Andere wird mit in die Grube fahren, aber die Meisten werden sich und ihre Waagen rechtzeitig auf den neuen, den sicheren Boden bringen. Sie werden sich wieder in den Schneidersitz fallen lassen und – nach der ganzen Aufregung noch bedächtiger als zuvor – ihrer Rechtschaffenheit nachgehen. Die Frauen der Rechtschaffenen werden eine Zeitlang Probleme haben, weil sie auf dem neuen Boden ja erst einmal ihre Tür finden müssen, vor der sie zu kehren haben. Ab und zu wird es ihnen passieren, dass sie vor fremden Türen kehren, voller Scham werden sie, umgehend auf den Irrtum aufmerksam gemacht, zu ihrer eigenen Rechtschaffenheit zurückkehren. Bald wird aber ohnehin eine jede ihre Tür wieder kennen und sich auch keinen Zentimeter mehr von ihr entfernen und endlich wird wieder Ruhe einkehren.

(Thema: Wir erfinden neue Gattungen)

Freitag, 13. Januar 2006

Kleine Wegrandbigotterie, die zweite

Fest war sie verankert auf der einen Seite des Flusses und der Fluss war breit und es drängte sie, eine Brücke zu schlagen, weil das nun mal in ihrem Wesen lag. So holte sie also aus, schlug und traf. Zufrieden ächzend legte sie sich auf den Pfeiler, doch der Pfeiler wetzte hin und her, anstatt ihr Halt und Stütze zu sein, auf dass sie ihrer Bestimmung nachkommen könne, ja es fehlte nicht viel und sie wäre heruntergefallen und wäre im Herunterfallen womöglich auch noch aus ihrer Verankerung auf der anderen Seite des Flusses gerissen worden. Sie versuchte es – sie war gewissenhaft! – ein zweites, ein drittes, ein viertes Mal, wieder und wieder schlug und traf sie, aber der Pfeiler wollte ihr Gewicht immer noch nicht tragen, er machte immer noch keine Anstalten, sich mit ihr zu verbinden, er bewegte sich vielmehr erneut herum, als ob er sie von sich herunterschubsen wollte. Sie schlug wieder und wieder. Gerade noch rechtzeitig, kurz bevor der Pfeiler unter ihren Brückenschlägen zu bersten drohte und sie selbst womöglich Schaden genommen hätte - man stelle sich vor, sie wäre in den Fluss gefallen! - und die Luft wird ihr wohl auch schön langsam ausgegangen sein, zog sie sich wieder an ihr Ufer zurück und steht jetzt wie ein Stein gewordener, in die Höhe gereckter Finger in der Landschaft.

(Thema: Wir erfinden neue Gattungen)

Donnerstag, 12. Januar 2006

Ödön von Horvath:

"Der Spießer ist ein hypochondrischer Egoist, der sich überall feige anpasst und jede neue Formulierung der Idee verfälscht, indem er sie sich aneignet."

(Thema: Zitate)

Mittwoch, 11. Januar 2006

Linktipp

guys, violent baby, fight to the finish, Würfel, Homo Divinans, Natura Morta

http://www.beate-glueck.at


(Thema: Gesurft)

Dienstag, 10. Januar 2006

Kleine Wegrandbigotterie, die erste

Als die Botschaft durch die Lande getragen wurde, dass ein Jeder sich zu finden habe, machte auch ich mich auf, um mich zu suchen.

Über Berg und Tal, an Flüssen entlang und an Wäldern, durch Städte und Dörfer führte mich mein Weg, aber so weit ich auch wanderte, ich fand mich nicht, meine Zerstreutheit war einfach zu groß: immer wieder vergaß ich mich, wie ich so über Berge und Täler wanderte, ich vergaß mich neben dem Glucksen des Baches und dem Rauschen der Bäume, ich vergaß mich in der Hitze, die die Häuserschluchten der Städte fast zum Bersten brachte, und den Regenschauern, hinter denen sich die Dörfer verbargen. Ich vergaß mich, wenn der Sturm in meinen Ohren toste und wenn meine Lungen und Augen vom aufgewirbelten Straßenstaub brannten. Ich vergaß mich, wenn ich neben mich blickte und die zahlreichen anderen Menschen sah, die aufs Ernsthafteste nach sich suchten und keinen Blick auf Berg und Tal, Bach und Wald, Stadt und Dorf verschwendeten, die nur den Herolden, die immer wieder unsere Wege zu kreuzen wussten, kurz ihre Aufmerksamkeit schenkten, um dann noch konzentrierter in ihrer Suche fortzufahren. Aber eines Tages, gerade war wieder einmal ein langer Winter zu Ende gegangen, es wehte ein mildes Frühlingslüftchen und die Sonne schien, wie nur die Frühlingssonne scheinen kann, tat mein Herz einen Sprung, der so kräftig war, dass es aus mir heraus und vor meine Füße fiel. Pulsierend lag es vor mir auf der Erde und natürlich erschrak ich zuerst auch ganz entsetzlich darüber, schließlich hatte ich so etwas noch nie gesehen, geschweige denn erlebt, dann steckte ich es aber – beherzt, wie ich nun einmal bin – kurzerhand wieder in mich zurück. Ich hörte es heftig klopfen, ließ es aber nicht mehr aus mir heraus.

So habe ich mich zwar nicht gefunden, aber immerhin habe ich mein Herz, das ich kurzfristig verloren hatte, wieder in mir drinnenstecken. Es klopft noch immer wie verrückt. Auf Herolde jeglicher Couleur pfeife ich übrigens seit jenem Tag.


(Thema: Wir erfinden neue Gattungen)

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