Fotografieren verboten

Hermann Halbwachs hat einen Hang zum Parkett, hat genau genommen den Hang zum Glanz des Parketts, in dem er sich verdoppelt und bei gutem Licht sogar verdrei- und vervierfacht, weswegen er vor den großen Fenstern herumtänzelt wie weiland Sisi, unsere Kaiserin, mit der ihn aber nichts verbindet. Ganz und gar nichts, sagt er, nur das Parkett und das sei eine zufällige und nichtsdestotrotz Notwendigkeit, schließlich müsse er ausreichend gesehen werden, sonst könne er sich seine ganze Schönheit in die Haare schmieren. Ich halte ihm mein Mikrofon unter die Füße, weil ich mich an seinem TrippTrapp nicht satt hören kann. Ich brauche sein TrippTrapp für die stillen Stunden. Für die ganz stillen Stunden. Aber geh, der Hermann Halbwachs ist doch nur ein Schmierenkomödiant, sagt Fritzi, seine ehemalige Geliebte, die es jetzt mit dem Requisitenmeister treibt. Das bringt mehr ein, sagt sie, und jünger werden wir doch alle nicht, sagt sie und zwinkert mir zu, als ob wir uns in einem drittklassigen Film befänden. Das tun wir eh, sagt Hermann Halbwachs mit seinerseits boshaftem Blick auf Fritzi, die immer schon zum Film wollte. Leck mich doch am Arsch, du Kasperl, kontert sie, aber Hermann Halbwachs tänzelt bereits wieder vor einem Fenster herum, ein paar Touristen beobachten ihn und seine Parkettspiegelbilder wie gebannt, weswegen ihm der Zwischenbodenkamm schwillt. Schöner Schwanz, sagt eine Touristin aus Bochum, der Mann neben ihr schaut auf den Boden und reibt sich verlegen am Ohrläppchen. Fritzi schürzt ihre Hofdamenröcke, der Mann aus Bochum reibt sich fast das Ohrläppchen ab. Ich halte ihm mein Mikrofon ans Ohr. Die Frau aus Bochum findet das Ohrläppchengeräusch des Mannes aus Bochum sehr erotisch, sagt sie zumindest. Ich glaube ihr nicht, aber das spielt keine Rolle. Hermann Halbwachs muss mal schnell aufs Klo, man möge ihn entschuldigen, Fritzi hat ihn eh schon lang entschuldigt, aber das hat er dann ja noch weniger wollen, sagt sie und ist wieder einmal froh um ihren Requisiteur, der ihr keine so depperten Nummern spielt. An die Fensterflügel gelehnt steht Sisi und steckt sich Blumen ins Haar. Hermann Halbwachs sieht sie, sowie er vom Klo zurückkommt. So ein Saukerl, ruft er und meint den Requisiteur, der Sisi aus der Mottenkiste geholt haben musste. Die Frau aus Bochum ist schon im nächsten Zimmer, der Mann reibt noch immer an seinem Ohrläppchen, in irgendeine sehr, sehr ferne Erinnerung versunken. Gehen Sie doch bitte weiter, mahnt ihn eine Personalstimme. Hermann Halbwachs richtet sich die Kniestrümpfe und zeigt der Sisi an den Fensterflügeln seinen Arsch. Hinter der Personalstimme drängt ein Pulk Japaner und Japanerinnen ins Zimmer, Fritzi legt ihr schönstes Lächeln auf, ich sage: Fotografieren verboten. Hermann Halbwachs streicht sich durchs schmierige Haar: Spielverderberin, sagt er. Wo er Recht hat, hat er Recht, sagt Fritzi. Sisi hat sich aufs Fensterbrett gesetzt und wippt mit dem Fuß, dass der Boden nur so vibriert. Sie weiß, dass mich das ganz verrückt macht. Ich drehe ihnen nach der Reihe den Hals um. Nur den Mann aus Bochum hebe ich mir auf.

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