In Positur
Am Horchaußenposten sitz’ ich mit langen Ohren, mit Eselsohren und dies: fürwahr. So sagt’s der Herr Pfarrer oder war’s der Bischof, dies wegen der hohen Mütz’, reifenrund über die Ohren gezogen. Du schweifst ab, spricht der Esel und schlägt sich gekonnt die Fliegen von der Kuppe. Der Herr Pfarrer lacht, er findet das witzig, ich nicht, er zupft sich vor Begeisterung am Ohrläppchen, dabei ist es eh schon so lang. Hast du schon gebeichtet, mein Kind, fragt er alsdann und ich, ja ich. Ich? Ich ziehe stumm an meinem Kittel. Ich warte, bis die Ohren durch die Stäbe gewachsen sind, dann sage ich: Ja, sage ich, Ja Herr Pfarrer, Ja aber wo ist denn der Herr Bischof. Das sage ich, weil ich die Bischofsmütze vermisse und mehr noch: den Bischofsstab. Stab? Das fragt der Herr Pfarrer und nun sind meine Ohren lang und länger, lang und länger sind sie geworden, denn der Herr Pfarrer schwitzt so laut. So laut schwitzt der Herr Pfarrer, aber ich verstehe ihn trotzdem nicht. Das Kind. Kind, beichte endlich und nimm mir die Ohren aus dem Gesicht. Ich verstehe sowieso (und eh) nichts, zu weit weg sind die Worte, zwei riesengroße Ohrmuscheln liegen über ihnen, verdecken sie wie der Kittel die Schoß. Überworfenheit, könnte man sagen, sage ich, und an Blasen könnte man denken, denke ich. Blasen, Blasen, Bubblegum, denn und weil und überhaupt: die Segenshände hüten sich und nicht andere, aber das muss man erst mal begreifen, sage ich. Aber viel, viel später. Und das war’s auch schon, viel mehr kam nicht. Oder: Nur die Worte kamen, ihr kamt nicht, das sagt aber niemand. Also ich sage es nicht und auch nicht der Herr Pfarrer und der Bischof sagt’s auch nicht, denn der steht am Platz (am Markusplatz oder so) und ruft vor sich her (Lasset und so). Ich sage: Lasset uns reden über die Sehnsucht nach Ohren: Ohren überm Schoß, wie zum Beispiel die wunderwunderwunderbare Blasen-Blasen-Bubblegumliebe. O wie schön, sagt da das alte Weib vom Rand her und grinst höhnisch, bis es mir die Ohren zusammenzieht wie Feigen, die zum Trocknen in der Sonne liegen. Dann ist aber wirklich Schluss: Ich gebe den Posten auf, sage ich zum Herrn Pfarrer. Sage ich bis zum Markusplatz und noch lauter. Zurück kommt nichts mehr, das alte Weib hat mir die Ohren verklebt, mit Feigensaft, eh klar.
ahg - 18. Aug, 10:18