Im Inland
Weil die Liebe durch den Magen geht, kochen die Ausländer ihr Essen im Inland besonders gut und noch besser kochen sie Inländisches im Inland. Und größer natürlich auch, schließlich geht es um etwas (die Integration), und so hat der Türke (oder Serbe oder Armenier), dem das Schnitzlplatzl in der Leopoldsgasse gehört, auch die größten Schnitzel von Wien. Sie sind so groß, dass sie bis auf die Straße hinausreichen, und so kam es, dass ich mich gestern in einem besonders großen Schnitzel verfing: ein Stolpern in Folge einer kleinen Verträumtheit, wie sie ja wirklich nicht auf die Straße gehört, und schon steckte ich – Füße voran - zwischen Fleisch und Panier.
Stickig und heiß war es da und die Schönheit meiner eben erst geschnittenen und gewaschenen Haare verlor sich in den Resten des Frittierfettes (Die achtzig Euro Friseur beim Teufel!), wovon ich mich mit einem schnellen Griff auf den Kopf überzeugen konnte. An Bewegungsfreiheit mangelte es mir nämlich nicht, da es sich um ein wirklich wienerisches Wiener Schnitzel handelte, also um eines, bei dem die Panier luftige Blasen wirft und sich nicht neurotisch ans Fleisch klammert. Bevor ich recht begriffen hatte, was mir da eben widerfahren war, tauchte eine Hundeschnauze vor meinem Gesicht auf, feucht und kühl, wie es sich für eine Hundeschnauze gehört. Eine riesige (schnitzelgroße) Zunge schob die Panade zur Seite, hinter ihr sah ich den Himmel aufblitzen (blau von A-Z, kein einziges Wölkchen). Kurz fürchtete ich, dass dies auch schon mein letzter Blick gewesen sein könnte, doch da ertönte ein Pfiff und die Hundeschnauze verschwand.
Die Wiener lieben ihre Hunde, ja sie lieben ihre Hunde mehr als Kinder, schon gar als Kinder anderer Leute und erst recht mehr als türkische, serbische, armenische Kinder. Ein Wiener Hund darf deshalb natürlich auch nur fressen, was mit Liebe gemacht ist. Zum Beispiel ein wunderbar knuspriges Wiener Schnitzel, das die Liebe auf die Straße getrieben hat. Oder türkische, serbische, armenische Kinder. Das war mein Glück, weil ich nicht nur erwachsen bin, sondern auch – trotz meines damalig unansehnlichen Aussehens – inländisch inländisch aussehe. So zupfte mich der Hundebesitzer – angewidert und ohne mich eines Blickes zu würdigen – aus dem Schnitzel, das der Hund, verdorben, wie ich es hatte, nun nicht mehr fressen wollte. Der Hundebesitzer tätschelte das arme, um sein Fressen betrogene Tier. Der Schnitzlplatzlbesitzer, vom Pfiff des Hundebesitzers aufmerksam gemacht, überblickte mit dem geübten Auge des inländischen Ausländers die Lage, schoss zurück ins Geschäft und kam nach einer Minute – eine Rolle Alufolie in Händen – wieder zurück.
Während der Hundebesitzer das schnell eingewickelte Schnitzel annahm (wie einen Zehent), rappelte ich mich auf. Ich wollte nur Eines: so schnell wie möglich verschwinden, aber einfach war das nicht, weil mir das Kopfschütteln des Hundebesitzers im Nacken saß und ich auch ohne dieses Geschüttel auf den öligen Sohlen meiner Schuhe immer wieder ausgerutscht wäre.
(Thema: Wien)
Stickig und heiß war es da und die Schönheit meiner eben erst geschnittenen und gewaschenen Haare verlor sich in den Resten des Frittierfettes (Die achtzig Euro Friseur beim Teufel!), wovon ich mich mit einem schnellen Griff auf den Kopf überzeugen konnte. An Bewegungsfreiheit mangelte es mir nämlich nicht, da es sich um ein wirklich wienerisches Wiener Schnitzel handelte, also um eines, bei dem die Panier luftige Blasen wirft und sich nicht neurotisch ans Fleisch klammert. Bevor ich recht begriffen hatte, was mir da eben widerfahren war, tauchte eine Hundeschnauze vor meinem Gesicht auf, feucht und kühl, wie es sich für eine Hundeschnauze gehört. Eine riesige (schnitzelgroße) Zunge schob die Panade zur Seite, hinter ihr sah ich den Himmel aufblitzen (blau von A-Z, kein einziges Wölkchen). Kurz fürchtete ich, dass dies auch schon mein letzter Blick gewesen sein könnte, doch da ertönte ein Pfiff und die Hundeschnauze verschwand.
Die Wiener lieben ihre Hunde, ja sie lieben ihre Hunde mehr als Kinder, schon gar als Kinder anderer Leute und erst recht mehr als türkische, serbische, armenische Kinder. Ein Wiener Hund darf deshalb natürlich auch nur fressen, was mit Liebe gemacht ist. Zum Beispiel ein wunderbar knuspriges Wiener Schnitzel, das die Liebe auf die Straße getrieben hat. Oder türkische, serbische, armenische Kinder. Das war mein Glück, weil ich nicht nur erwachsen bin, sondern auch – trotz meines damalig unansehnlichen Aussehens – inländisch inländisch aussehe. So zupfte mich der Hundebesitzer – angewidert und ohne mich eines Blickes zu würdigen – aus dem Schnitzel, das der Hund, verdorben, wie ich es hatte, nun nicht mehr fressen wollte. Der Hundebesitzer tätschelte das arme, um sein Fressen betrogene Tier. Der Schnitzlplatzlbesitzer, vom Pfiff des Hundebesitzers aufmerksam gemacht, überblickte mit dem geübten Auge des inländischen Ausländers die Lage, schoss zurück ins Geschäft und kam nach einer Minute – eine Rolle Alufolie in Händen – wieder zurück.
Während der Hundebesitzer das schnell eingewickelte Schnitzel annahm (wie einen Zehent), rappelte ich mich auf. Ich wollte nur Eines: so schnell wie möglich verschwinden, aber einfach war das nicht, weil mir das Kopfschütteln des Hundebesitzers im Nacken saß und ich auch ohne dieses Geschüttel auf den öligen Sohlen meiner Schuhe immer wieder ausgerutscht wäre.
(Thema: Wien)
ahg - 4. Okt, 08:44